Norbert F. Pötzl recherchierte zweimal für das gleiche Buch
Norbert Pötzl arbeitete zwei Jahre lang an einer Biographie über den Unternehmer Berthold Beitz. als dieser der Veröffentlichung widersprach, begann Pötzl noch einmal mit der Recherche. Und veröffentlichte. Abgesprochen war: Pötzl schreibt eine Biographie über Beitz, Veröffentlichung nur mit Autorisierung.
Der 1913 geborene Unternehmer gilt als „graue Eminenz des Krupp-Konzerns“ – umso mehr wunderte sich Pötzl, dass sich noch niemand seiner Biografie angenommen hatte. 2002 fand das erste Treff en statt. Beitz sei gar nicht so entscheidungsfreudig gewesen, wie man es erwartet hätte. „Immer befragte er seinen Bauch“, sagt Pötzl, „und der sagte jeden tag etwas anderes.“
Er fuhr mit Beitz in den Urlaub, sprach mit Freunden und Kollegen. Beitz kontrollierte jeden schritt: Mit wem Pötzl sprach, welche Dokumente er zu lesen bekam. Dann legte Pötzl sein Manuskript vor. Kurz später: Beitz lehnte die Veröffentlichung ab und zahlte das vereinbarte Ausfallhonorar. Diskussionen mit dem knallharten Unternehmer hätten keinen Sinn gemacht, mein. „Ich will’s einfach nicht, hat er gesagt.“
Hatte Pötzl zu kritisch über die Unternehmensgeschichte geschrieben? Frustriert legte er das Projekt zunächst weg. viele der Informationen, die Beitz ihm als exklusiv verkauft hatte, waren andernorts zu finden. Pötzl begann ein zweites Mal. frei und ohne Kontrolle durchsuchte er Gerichtsprotokolle und Zeitungsartikel. es wurde ein völlig anderes Buch geworden. Zitate von Gesprächspartnern habe er als „Lobhudelei“ enttarnt. als Beitz davon erfuhr, ließ er den Krupp-Vorstand beim Autor anrufen. „ich sollte eine Kopie an Beitz schicken und wurde an meine Vereinbarung erinnert.“ Pötzl hatte das Buch komplett neu aufgebaut und ließ sich nicht auf eine Vorlage ein. „Also waren sie dann doch darauf angewiesen, das Buch zu kaufen.“
Norbert F. Pötzl: „Beitz. eine deutsche geschichte“, Heyne Verlag 2011
[aus jk-Tagungszeitungn„nestbeschmutzer“ 1/2012]