Kindersoldaten im Deutschland-Trikot
Wie deutsche Journalisten einen afrikanischen Warlord in Mannheim entlarvten.
Seit Jahren gehören sie zu den wenigen Journalisten, die über die Lage im Kongo berichten: Simone Schlindwein von der taz, Susanne Babila vom SWR und Markus Frenzel vom ARD-Magazin Fakt.
Seit vielen Jahren tobt im Kongo ein brutaler Bürgerkrieg. Die Rebellengruppe, die für diesen Krieg maßgeblich verantwortlich ist: die Forces Démocratique de Libération du Rwanda (FDLR). Ihr Präsident, Ignace Murwanashyaka, emigrierte 1989 nach Deutschland und kommandierte seit 2001 von Mannheim seine Truppe – über Skype. „Ignace ist ein religiöser Extremist. Ein Überzeugungstäter. Absolut gefährlich“, urteilt Babila über den Präsidenten.
Er ist verantwortlich für Morde, Vergewaltigungen und Rekrutierungen von Kindersoldaten. Von seinen Soldaten wurde er gefeiert. „Im Kongo habe ich Kindersoldaten mit Deutschlandtrikot getroffen“, berichtet Schlindwein.
„Ignace lebte in heruntergekommenen Wohnungen, war auf Hartz IV angewiesen, widmete sich ganz und gar seinem politischen Engagement“, sagt Frenzel. Ein Kriegsverbrecher in der eigenen Nachbarschaft – für die Politik war das anscheinend kein Problem. Weder Berichte in den Medien, noch das Gesuch durch Interpol bewegte die deutschen Behörden, ernsthaft gegen Ignace zu ermitteln. Erst ein Bericht der UNO führte im November 2009 zu seiner Festnahme. Die Folge: Viele Soldaten desertierten, die FDLR wurde stark geschwächt.
Die deutsche Presse spielte in dem Skandal eine wichtige Rolle. Seit 2007 berichtete sie über den Fall Ignace, die deutschen Behörden reagierten gleichwohl sehr viel später. Ob das zögerliche Verhalten auf Überforderung der Behörden oder auf mangelnden Willen zurückzuführen war, darüber waren sich die Experten auf der nr-Tagung nicht einig.
Sicher aber ist: Viele führende Offiziere der FDLR und anderer afrikanischer Rebellengruppen wurden an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg ausgebildet, sagt Schlindwein. Die Alumni-Veranstaltung zum 50-jährigen Jubiläum der Akademie musste abgesagt werden. Den Grund kann Schlindwein nur vermuten: „Vielleicht waren zu viele Kriegsverbrecher auf der Einladungsliste.“