Berichten die deutschen Medien zu wenig über das Ausland? Sind die Artikel voller Klischees? Zwei Korrespondentinnen haben nicht immer gute Erfahrungen gemacht und finden, dass sich Zeitungen mehr für die Welt interessieren sollten
Die Zeitungen berichten zu wenig über das Ausland. Die wenigen Artikel sind oft voller Klischees. Diese Vorwürfe erhoben die beiden Referentinnen der Diskussionsrunde „Du sollst dir (k)ein Bildnis machen“. Friederike Böge ist Politikredakteurin bei der Financial Times Deutschland und war bis vor kurzem freie Afghanistan-Korrespondentin. Gemma Pörzgen ist freie Journalistin mit dem Schwerpunkt Osteuropa und hat als Korrespondentin in Belgrad und Israel gearbeitet.
Die Berichte aus dem Ausland gäben immer häufiger einen deutschen Blickwinkel wieder, sagt Pörzgen. Ohne Deutsche unter den Opfern wäre über die Tsunami-Katastrophe 2004 weniger zu erfahren gewesen. „Es ist die Pflicht der Berichterstattung, ihre Auswahlkriterien zu überprüfen“, fordert Pörzgen.
Journalisten in der Pflicht
In der Afghanistan-Berichterstattung hielten sich deutsche Journalisten nach Böges Ansicht zu häufig an deutsche Quellen – allen voran das Auswärtige Amt und die Bundeswehr. Dadurch rückten militärische Aspekte in den Vordergrund, innenpolitische Aspekte kämen zu kurz. Die Berichterstatter sollten ihrer Ansicht nach aus der Perspektive der „embedded Journalists“ ausbrechen. Ein „Esel mit Burka“, wie Bundeswehrsoldaten eine Afghanin am Wegesrand beschreiben, könnte etwa die Grundlage für eine eigene Geschichte werden.
Voraussetzung dafür ist aber eine gute Vorbereitung. „Die Inhaftierung der BILD-Journalisten im Iran im vergangenen Jahr war ein Paradebeispiel für fehlende Vorbereitung“, sagt Pörzgen, die Entscheidung der Redaktion, sie dorthin zu schicken fahrlässig.
Zusammenarbeit mit der Redaktion
Als Korrespondentin erhalte man Aufträge für Artikel, die Nachrichtenagenturen bereits recherchiert haben, berichtet Böge. „Es lohnt sich, auch mal nein zu sagen.“ Stattdessen sollten Korrespondenten lieber Geschichten schreiben, die “quer laufen” und die unbekannte Aspekte eines Landes zeigen.
Die geringe Zahl von Auslandsberichten sei eine Entscheidung der Redaktionen, die dem Interesse der Leser widerspreche, sagte Pörzgen. „Ich wünsche mir, dass mehr Leser die Veränderungen bei der Auslandsberichterstattung registrieren und ihrem Unbehagen Ausdruck verleihen.“