Let me introduce you to the Dark Web
Wer im Internet nach Informationen sucht, verlässt sich immer mehr auf große Suchdienste. Dabei vergessen sie: Google findet nicht alles.
Auch wenn es eigentlich die Kernkompetenz des Unternehmens Google schlechthin ist: Der Suchgigant findet nicht alles, was im Internet an Informationen zur Verfügung steht. Mit dem Begriff „Deep Web“ gibt es einen Namen für das Phänomen, das Webseiten nicht per einfacher Internetsuche gefunden werden. Dabei muss man jedoch zwei arten der Unsichtbarkeit unterscheiden. Seiten, die nicht gefunden werden können und seiten, die nicht gefunden werden wollen. Paul Myers, Recherche-Spezialist der BBC, konzentriert sich vor allem auf Letzteres: „Dort findet man die Drogendealer, die Diebe und Auftragskiller.“
Wenn Seiten nicht gefunden werden, dann sind sie so konzipiert, dass sie nach aktuellem Stand der Technik nicht zu durchsuchen sind. Online-Bibliotheken sind hier ein gutes Beispiel. Damit man ein Buch von einem Autor finden kann, muss immer erst die Seite selbst angesurft und dort der Name des Autors, in einem zweiten Schritt also, in die Suchmaske der Datenbank eingegeben werden. eine Direktsuche per Google ist nicht möglich. auch Netzwerke wie Facebook, auf denen das eigene Profil sehr oft privat ist, können von Google nicht durchsucht werden.
Es gibt aber auch Seiten, die sich nur abrufen lassen, wenn man sich innerhalb eines Netzwerkes befindet. Gerade im arabischen Frühling war immer wieder die rede von so genannten TOR-Netzwerken. TOR steht für „The Onion Routing“; über ein komplexes System wird die Anfrage des Nutzers dabei über so viele Server geschickt, dass man am Ende nicht mehr sagen kann, woher das ursprüngliche Signal stammt. Die nutzer des TOR-netzwerkes werden dadurch weitestgehend anonym. Innerhalb dieser Netzwerke gibt es wiederum Adressen, die für Google unsichtbar bleiben, da Google keinen Einblick in das Netzwerk an sich hat. Die Nutzer fühlen sich dadurch so sicher, dass sie ganz ohne Sorge einen Drogenkurier bewerten: „tolles Produkt, exzellente ware.“
Paul Myers hingegen hat diesen Einblick. seit 1993 surft der Journalist durch das Internet, kurz nach dem Tod von Prinzessin Diana, also 1997, nutzte er es bereits als zentrales recherchemittel und unterrichtet heute Journalisten an der BBC Academy. In seinem Vortrag wird er erzählen, wie Menschen sich in der Anonymität bewegen. „Ich werde sagen, wo man die anonymen Trolle finden kann, wie sie sich verstecken und was sie tun.“ Trolle, das ist Internetsprech für Nutzer, die auch auf der suche sind: sie suchen die gezielte Provokation.
Zur Person
Paul Myers ist der Spezialist für Internet-Recherche am BBC College of Journalism. Zu seinen Aufgaben gehört das Training der BBC-Journalisten und die Recherche -Beratung bei BBC-Produktionen. Paul begann 1995 bei BBC als Rechercheur für die Nachrichten und wechselte 1999 zur Aus- und Weiterbildung. als früher Verfechter von „Blended Learning“ hat er einzigartige neue Ansätze zur Trainings- und Recherche-Methodik entwickelt. Paul hat erfolgreich viele technische Tools in die Welt des Journalismus eingeführt.
Text: Hakan Tanriverdi [aus jk-Tagungszeitung „nestbeschmutzer“ 1/2012]