“Multimedia” – so hieß mal die CD-Abteilung bei Saturn. Bei Uwe H. Martin ist es ein Arbeitsfeld. Er macht Webreportagen.
Uwe H. Martin ist zwar der Multimedia-Mann, aber die Technik hakt trotzdem. “Hat hier jemand einen USB-Stick?”, ruft er in die Runde. Jemand hat einen, Problem gelöst. Es kann losgehen. Und der Anfang ist bei seiner Arbeit das Wichtigste.
“Wenn Ihr die Leute nicht in den ersten zehn Sekunden erwischt, dann sind sie weg”, sagt Martin. Webreportagen würden eine andere Art des Erzählens erfordern als herkömmliches Fernsehen. Der Reporter müsse viel schneller zum Punkt kommen. “Dabei geht es nicht um schnellere Schnitte, sondern immer um die Frage: Funktionieren die Bilder? Ziehen sie mich herein?”
Martin zeigt ein Beispielvideo. Seinen preisgekrönten Film über Baumwollbauern in Texas: Sieben Minuten Ruhe, sanfte Gitarrenklänge und die knarzenden Stimmen seiner Protagonisten. Ganz anders als die lauten Webfilmchen, die unter Kollegen herumgeschickt werden, wie ein Zuhörer anmerkt. Man könne mit Fotos viel komplexere Sachverhalte auf einen Schlag erzählen. “Wenn man sich dagegen herkömmliche Fernsehdokumentationen anschaut, sind Bilder dort kaum Träger von Information. Sie beweisen uns meist nur etwas.”
Martin ist ein Ein-Mann-Unternehmen. Angefangen hat er als Fotograf. Dann traf er bei seiner Ausbildung in Amerika Brian Storm. Storm ist mit seinem Projekt Mediastorm so etwas wie der Egon Erwin Kisch der Webreportagen. Er hat das Genre zwar nicht erfunden, es aber auf ein neues Level gehievt. Storm hat in Worte gefasst, was für Martin immer ein Problem war als er noch als reiner Fotojournalist arbeitete: dass er sprachlos ist, dass er nicht gut genug schreiben könne, um die Geschichte zu seinen Fotos zu erzählen. Die Lösung: O-Töne, die Protagonisten erzählen selbst. “Storm ist immer noch so ein Held für mich”, sagt Martin.
Diese Begegnung war die Initialzündung für Martin. Er zog auf eigenes Risiko los. Sein Film über die Baumwollbauern ist nur ein Teil in einer ganzen Reihe über die Folgen des Baumwollanbaus und -handels. Martin liebt die Webreportage, weil sie ihm Zeit gibt, für Recherche, Nachdenken, Erzählen. Und: “Man hat damit, wenn man es auf hohem Level macht, die Möglichkeit sehr schnell, sehr viel Aufmerksamkeit zu bekommen.” Das rentiert sich allerdings nicht sofort. Martin sucht noch immer nach einem Abnehmer für die Texas-Reportage.
Aber Martin ist zuversichtlich, dass sich diese Reportage-Form etablieren wird. Tablets würden dabei helfen, sagt er. “Weil man sich mit Tablets zurücklehnen kann.” Der Zuschauer muss sich Zeit nehmen, muss sich die Bilder auch erarbeiten, die in solchen Webreportagen auftauchen. “Auf viel mehr Ebenen sehe ich etwas”, sagt Martin.
Webreportage-Tipps von Uwe H. Martin:
29. Juni 2012 um 11:11(#)
[...] Marina Brafa (20) ist Journalistikstudentin in Eichstätt. Sie lernte von Tanja Stelzer, wie gute Reportagen noch besser werden und von “Herrn Martin” wie man Webdokus produziert. | Mehr Infos hier [...]